LinkedIn verliert seine Seele – höchste Zeit, Haltung zu zeigen

23. April 2025
LinkedIn hat sich von einer Plattform für wertvollen Austausch zu einem Ort entwickelt, an dem es zunehmend nur noch um Reichweite und oberflächliche Selbstdarstellung geht. Der ursprüngliche Nutzen schwindet, während Algorithmen und KI-generierter Content die Oberhand gewinnen. Ist es noch möglich, auf LinkedIn echte, tiefgründige Gespräche zu führen, oder ist es an der Zeit, sich nach Alternativen umzusehen? Wer noch davon profitiert und wie man als Nutzer Haltung bewahren kann.

Hat LinkedIn noch einen Nutzen in einer Welt mit KI-Content – und wenn ja, welchen?

Über viele Jahre hat LinkedIn für mich einen konkreten Nutzen gehabt. Ich habe über relevante und weniger relevante News aus meinem Netzwerk einen Überblick darüber behalten können und konnte mit vielen Geschäftskontakten in Verbindung bleiben. Über ein kurzen „Ping“ wurde man auf etwas aufmerksam, konnte nachfassen.

Diese Zeiten sind vorbei.

Der Nutzen nimmt jeden Tag ab. Denn es geht jetzt auch bei LinkedIn nicht mehr um den Nutzer und seinen Mehrwert durch die Nutzung der Plattform, sondern um den Mehrwert für Webetreibende. Entweder zahlt man für die Verteilung seiner Botschaft, oder man liefert gefälligst messerscharf zugeschnittenen, Ultraleicht verdaubaren (realistisch vorgekauten) Content, der die Massen am besten im Videoformat 30 Sekunden länger auf der Plattform hält, damit man in Summe mehr bezahlten Content ausspielen kann. Man muss dem Algorithmus gefallen, damit sein Wort Gewicht hat und wahrgenommen wird.

Selbst bei Kommentaren geht es nicht mehr um Inhalt und Mehrwert, sondern um Aufmerksamkeit und der gerade herrschenden und von vielen Coaches verbreiteten Wahrheit, wie man Reichweite aufbaut und gesehen wird. Substanz spielt keine Rolle mehr. Es geht um Eitelkeit oder Dienlichkeit für die Plattform: Dem algorithmischen Aufspüren von Content, der die Aufmerksamkeit der Mitmenschen vergeudet und vernichtet. Es zählt allein, was das algorithmische Hamsterrad am Laufen hält.

Zur Rettung von LinkedIN: Auf allen anderen Social Media Plattformen hat dieser Prozess früher begonnen. Und ich denke, es hat jetzt auch bei LinkedIn ein Maß erreicht, dass sich jeder Nutzer fragen sollte: Lohnt sich das noch?

Wem nutzt LinkedIn also noch?

Verkäufern und Selbstvermarktern: Wer Seminare, Coachings oder Beratungsleistungen verkaufen möchte, dem bietet LinkedIn weiterhin ein effektives Umfeld – vorausgesetzt, man spielt das algorithmische Spiel konsequent mit: polarisierende Thesen, klare Handlungsanweisungen und Content-Häppchen, die sich viral verbreiten lassen.

Recruitern und Jobsuchenden: Die ursprüngliche Kernfunktion von LinkedIn, berufliche Netzwerke zu pflegen und neue Jobmöglichkeiten zu erschließen, ist nach wie vor intakt – wenn auch zunehmend herausfordernder, angesichts der Masse an standardisierten Profilen und automatisierten Ansprachen.

Corporate Influencern: Unternehmen, die bewusst Sichtbarkeit und Markenimage steuern wollen, profitieren noch immer. Mitarbeiter werden gezielt als „Corporate Influencer“ positioniert, um Unternehmenskultur nach außen sichtbar zu machen – oft jedoch mit kalkulierter Oberflächlichkeit.

Ist KI schuld an der Misere? 

Nein, KI allein trägt nicht die Schuld. Sie wirkt jedoch als mächtiger Verstärker eines Systems, das Aufmerksamkeit maximal monetarisiert. KI-generierte Beiträge sind austauschbar, glattgebügelt, optimiert auf Reichweite. Sie machen sichtbar, wie kaputt die Mechanismen hinter der Plattform bereits vorher waren. Die eigentliche Ursache liegt im Geschäftsmodell sozialer Plattformen selbst: Engagement als einzige Währung bedeutet zwangsläufig, dass echte Substanz und tiefgründige Diskussionen verdrängt werden. KI sorgt lediglich dafür, dass dieser Prozess nun endgültig skaliert.

Content-Produzenten: Algorithmen oder Haltung?

Ich verkaufe nichts auf LinkedIn. Kein Seminar, kein Coaching, keine Beratung. Seit mehr als 10 Jahren gönne ich mir den Luxus eines Blogs, mit einem neuen Artikel alle zwei Wochen. Über 1.000 Artikel – eigenständig verfasst, ohne ein komplettes Redaktionsteam und ohne KI. Mit Inhalten zu denen man sich im Umfeld von Tech-Investments, Gesellschaft und Technologie beschäftigen kann und sollte. Denkanstöße. Meinungen. Neue Perspektiven.

Warum?

Weil ich für Menschen schreibe, nicht für Maschinen. Weil Haltung für mich wichtiger ist als Likes. Tiefe wichtiger als Reichweite. Ich möchte Denkanstöße geben, neue Perspektiven eröffnen und in einen echten Dialog eintreten. Vor langer Zeit, im Jahr 2017, wurde ich von LinkedIn noch als „Top Voice“ ausgezeichnet. Damals war die Plattform ernsthaft interessiert an Menschen, die fundierte Inhalte liefern konnten und wollten. Heute geht es fast ausschließlich um Reichweite und Vermarktung. ob Deutschland überhaupt noch mitspielt oder nur noch zuschaut, wie andere die Welt gestalten. 

LinkedIn neu denken – Alternativen für mehr Substanz 

Wer wie ich den Austausch zu relevanten Themen schätzt, dem bleibt aktuell nicht viel mehr als Resignation – oder der bewusste Wechsel zu Alternativen. Wie also umgehen mit einer Plattform, deren Nutzen zunehmend auf algorithmische Belohnung und oberflächliche Selbstdarstellung reduziert wird?

Drei Alternativen, wie man als Nutzer reagieren kann:

  • Eigene Kanäle stärken: Sich bewusst unabhängiger machen, etwa durch einen eigenen Blog, Podcast oder Newsletter. Dort gelten eigene Regeln und Inhalte werden nicht vom Algorithmus diktiert. Reichweite kostet Zeit, aber sie gehört einem selbst – authentisch, nachhaltig, frei von digitaler Fremdbestimmung.
  • Zurück zu fokussiertem Austausch in kleinen Kreisen: Private Gruppen, geschlossene Netzwerke oder kleinere spezialisierte Plattformen, auf denen Qualität und Austausch im Vordergrund stehen. Keine Massenbespielung, sondern bewusste Gespräche unter Menschen, die wirklich Mehrwert füreinander haben.
  • LinkedIn selektiv und bewusst nutzen: Die Plattform ausschließlich als persönlichen Kontakt-Speicher und berufliche Visitenkarte verwenden. Kein „Content“ mehr um der Reichweite willen, sondern klar reduziert auf das, was sie noch leisten kann: Kontakt halten und gezielt Nachrichten austauschen.

Fazit: Bleiben oder gehen? 

Breite Informationsbeschaffung und echter Austausch über den Tellerrand hinaus haben für LinkedIn und seine Werbetreibenden keinen messbaren Nutzen. Für die Nutzer sinkt dadurch der Mehrwert rapide. Vielleicht ist es an der Zeit, unsere digitale Präsenz neu zu denken. Sich auf Orte zu konzentrieren, an denen Substanz und Haltung zählen – nicht Algorithmen und Attention-Hacking.

Wer tiefe Diskussion und echtes Netzwerk sucht, sollte sich ernsthaft fragen, ob LinkedIn heute noch der richtige Ort dafür ist – oder ob die Zeit reif ist, sich nach digitalen Alternativen umzuschauen. Algorithmen belohnen Reichweite, Menschen belohnen Substanz. Entscheiden wir uns endlich bewusst, auf wessen Seite wir stehen,

Bild generiert mit ChatGPT
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