Was Venture Capital mit Raketen-Treibstoff und Kostümpartys zu tun hat

21. Februar 2018

Das heiß begehrte Venture Capital kann für Startups hochexplosiv sein und sie verbrennen. Denn diesen Raketen-Treibstoff kann nicht jeder Gründer verarbeiten.

Fast alle Startups sind auf der Suche nach einem Venture Capital-Investor. Ich bin inzwischen überzeugt, dass diese Einstellung ein großes Missverständnis in der Startup-Szene ist: Denn Venture Capital ist Raketen-Treibstoff. Aber die meisten Startups wollen oder können gar keine Raketen bauen.

Es ist gefährlich, Raketen-Treibstoff in Autos, LKWs oder auch in Flugzeugen zu verwenden. Oder es funktioniert ganz einfach nicht. Und statt des erhofften Boosts kann der Treibstoff sogar Schaden anrichten.

Die verwirrende Welt der Kostümpartys

Venture Capital-Investoren möchten ihren Treibstoff nur an Raketenbauer geben. Aber weil es dieses große Missverständnis in der Startup-Szene gibt, wollen alle den Raketen-Treibstoff haben. Daher müssen die Leute mit dem Treibstoff viel Zeit aufwenden, um die Auto-, Flugzeug- und Schiffs-Konstrukteure zu identifizieren, die sich auf den Startup-Kostümpartys als Raketenbauer verkleidet haben.

Diese Partys werden organisiert von Menschen und Organisationen, die es ganz toll finden, wenn Menschen mit Ideen „gründen“. Das Gründen an sich, den Mut zu haben, seine eigenen Ideen umzusetzen ist natürlich erst mal positiv. Und klar ist das auch für die Raketenbauer ein wichtiger erster Schritt.

Nur wenige Startups brauchen wirklich Raketen-Treibstoff

Aber bevor es Raketen-Treibstoff gibt, muss die Entwicklung so weit sein, dass mindestens ein flugfähiges Modell vorhanden ist oder schon ein paar Sitzplätze verkauft wurden. Am besten sind schon ein paar erfolgreiche Startversuche vorzuweisen und jetzt braucht man eine ordentliche Portion Raketentreibstoff, um das Erdanziehungsfeld und all die aktuellen irdischen Modelle wirklich verlassen zu können. Eine tolle Idee und ein super Team sind einfach zu wenig, um etwas so durchschlagendes wie Raketen-Treibstoff zu bekommen.

Venture Capital-Geber werden ungemütlich, wenn sie erkennen, dass auf einmal doch nur Autos oder Schiffe gebaut werden sollen. Und das ist durchaus nachvollziehbar. Da ist die Umwandlung einer bemannten Mars-Mission in eine nicht bemannte Venus-Mission einfacher zu verkraften für den Treibstoff-Lieferanten.

Ich wünsche mir mehr Menschen, die den Gründern in den Startups sagen, dass Venture Capital mit den dahinter liegenden Logiken für die meisten der präsentierten Geschäftsmodelle und Ideen einfach die falsche Lösung ist.

Welches Risiko bin ich bereit zu tragen?

Wer einen originellen Shop aufmacht oder ein Ingenieurbüro gründet, braucht keinen VC-Geber. Dafür reicht eine normale Bank-Finanzierung. Und wenn solche Existenzgründer das Risiko, selbst für einen Kredit zu unterschreiben, nicht tragen wollen oder können, dann ist es eine schlechte Idee, auf eine Kostümparty zu gehen.

Unternehmer müssen bereit sein, Risiken zu übernehmen und all ihre vorhandenen Ressourcen in Prototypen, Markt-Evaluierungen und auch schon in das Team zu investieren. Wie kann man sonst von einem fremden Dritten erwarten, dass er mir sein Geld anvertraut?

Ich wünsche mir von den Startups, dass sie in Zukunft nicht alle Raketen-Treibstoff haben wollen, obwohl sie gar keine Raketen bauen wollen oder bauen können.

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