Daniel Suarez hat ein wahnsinniges Gespür für die Auseinandersetzung mit Technologietrends in Romanform. Mit den Themen vernetzte Datenbrillen (Darknet), Schwarmintelligenz (Kill Decision) und Daten- und Innovationskontrolle durch Staaten (Control) hat er wichtige Diskussionen vorhergesehen und spannend verarbeitet. Bewundernswert war immer das Timing: Darknet erschien ein paar Monate vor Google-Glass und Control einige Monate vor der Snowden-Affäre.
Gen-Editing von Lebewesen
In seinem aktuellen Buch Bios geht es um eine nahe Zukunft, in der wir unsere Gene und unser Selbst maschinell wie Daten verändern können. Die CRISPR-Realität des heute machbaren Gen-Editing wird weiter gesponnen in eine Welt, in der auch lebende Organismen und Menschen in vivo nachbearbeitet werden können.
Zunächst stehen – wie auch bei anderen Autoren (etwa Marc Elsberg mit Helix) – ethische Aspekte im Vordergrund: Was darf verändert werden und was nicht? Wer wacht über die Einhaltung der Gesetze und wie? Was entwickeln sich daraus für neue Geschäftsmöglichkeiten für Unternehmer und Kriminelle?
Eigentums- und Identitätsfrage
Weil eine Gensequenz ja auch nur eine Information ist, ergeben sich spannende Fragestellungen in Bezug auf die Schützbarkeit, Patentierbarkeit und letztlich auch auf Eigentums-Aspekte für Informationen. Wird es in Zukunft wieder Sklaven geben, weil jemand anderem die DNA-Informationen eines Menschen gehören?
Was passiert mit unserer Identität und Rechtsstaatlichkeit, wenn wir ein Individuum an nichts mehr eindeutig identifizieren können? Die Verbindung von Biologie mit der Digitalisierung ist so facettenreich, dass man immer wieder nur staunen kann und weiterlesen will.
[selectivetweet]Was passiert in Zukunft mit unseren DNA-Informationen, wenn wir Gene verändern können? #bios[/selectivetweet]
Die Sache mit der Privatsphäre
In Nebensätzen sagen die Protagonisten Dinge, über die man lange nachdenken und diskutieren kann: „Wenn Privatsphäre kriminalisiert wird, haben nur Kriminelle noch Privatsphäre.“ Spannend ist auch der Hinweis, dass man Sprachassistenten am besten keinen Einblick auf seine Gemütsebene gibt, weil der Computer sonst beim nächsten Mal über diese Ebene versucht, eigene Ziele zu erreichen. – Im einfachsten Fall, indem er seinen Besitzer zum Kauf von bestimmten Produkten überredet.
Tiefgreifende Fragen zum Selbst
Auch der Ausflug in die Sein-Welt ist spannend: Was ist an einem Individuum konstant? Wird man ein anderes Selbst, wenn sich 0,1 Prozent oder 1 Prozent der Zellen in einem verändern? Gehört es zur menschlichen Selbstbestimmung oder Selbstexpression, solche Veränderungen zu kennen, wahrzunehmen oder zu kontrollieren? Was ist, wenn wir uns gar nicht mehr verändern können, weil unsere digitale Spur so dicht und zusammenhängend ist, dass diese Datenspuren uns einengen und ersticken?
Daniel Suarez ist der Meister der facettenreichen Ausblicke in Szenarien einer nicht allzu fernen Zukunft. Und all das ist eingebettet in eine spannende und natürlich abgefahrene Romanhandlung. Ich habe das Lesen genossen.
Weitere Lese-Empfehlungen zu den Themenbereichen Digitale Transformation und Entrepreneurship gibt es hier auf meinem Blog oder direkt bei Amazon.
Daniel Suarez
Bios Rowohlt Taschenbuch Verlag, 544 Seiten, 12,99 Euro
Kindle Ausgabe 10,99 Euro
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