Mit „Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut“ bieten Starökonom Daron Acemoglu und Harvard-Politologe James Robinson anhand einiger faszinierender Beispiele eine eindeutige und schlüssige Antwort auf diese grundlegende Frage.
Viel spannender als das aber wäre ja ein Bauplan, wie wir Gesellschaften in Zukunft gestalten können. Darauf gibt das Buch nicht nur keine Antwort; in den letzten Kapiteln „Wohlstand lässt sich nicht konstruieren“ und „Das Scheitern der Auslandshilfe“ wird sogar explizit darauf hingewiesen, dass es keine einfachen Muster für erfolgreiche Staaten und Gesellschaften gibt. Dennoch erhält man tiefe Einblicke und viele Antworten, wenn man ein wenig zwischen den Zeilen liest.
Weiter Blick in Vergangenheit und Gegenwart
Denn Acemoglu und Robinson haben einen systematischen blinden Fleck: Es ist ihr Forschungsgebiet, in dem sie über 15 Jahre mit großer Akribie Fakten zusammengetragen haben, warum Nationen scheitern. Herausgekommen ist ein Geschichtsbuch, das Aufstieg und Verfall von Staaten und Gesellschaften auf dem gesamten Globus – von den Römern über das Mittelalter bis hin zur Kolonialisierung und den heutigen Militärstaaten sowie China – untersucht und analysiert. Aufgrund ihrer Herkunft müssen sich die beiden Autoren strikt am wissenschaftlichen Muster mit Quellenangaben und einer faktischen Beweisführung orientieren. Dabei liegt der wahre Schatz der Erkenntnis in der Deutung der menschlichen Antriebs- und Beziehungsebene darunter.
Inklusive Institutionen als Wohlstandsfaktor
Die facettenreichen Schilderungen sind vielen sicherlich zu langatmig, bergen für den interessierten Leser aber viele Anknüpfungspunkte, um bisher bekannte Fakten in einen völlig neuen Kontext zu stellen. Wesentliche These ist, dass nur Nationen mit inklusiven Institutionen prosperieren. Den Autoren zufolge kommt es auf die richtige Mischung von partizipativen Institutionen und innovativer technologischer Zerstörung in einem marktwirtschaftlichen Umfeld an. Extraktive Institutionen, die von Oligarchen, Diktatoren, Monarchen oder Eliten beherrscht werden und das Volk ausquetschen, führen auf kurz oder lang immer in den wirtschaftlichen Untergang der gesamten Gemeinschaft.
[selectivetweet]Analyse der Vergangenheit, Verständnis der Gegenwart, Blick in die Zukunft[/selectivetweet]
Die größte Gefahr unserer Gesellschaft: zu viel persönliche Individualität
So ist die wesentliche Erkenntnis aus dem Buch, dass sich zwar nach hinten gerichtet Muster erkennen lassen, wie die Partizipation von Menschen an ihrem Staat, ihrer Gesellschaft oder ihrer Gemeinschaft durch Institutionen, Gesetze oder Regeln befördert und ermöglicht werden können; und dass es in die Zukunft gerichtet eben keine Baupläne mit Geling-Garantie gibt.
Die größte Gefahr in unseren westlichen Staaten ist unsere extreme persönliche Individualität, die wir nur mehr schwerlich einer Gemeinschaft und dem Wohle aller unterordnen wollen. Wir werden nach neuen Bändern des Zusammenhaltens und Zusammenlebens suchen und Teile unserer Individualität und unserer vermeintlichen Autonomie aufgeben müssen, wenn wir auch morgen noch im Wohlstand leben wollen.
Die Verteilungskämpfe werden wieder härter und sehr schnell in die schon vergessenen Gewaltmuster umschlagen. Denn wir können in Zukunft ein gerechtes Leben auf diesem Planeten nicht mehr auf Kosten anderer Staaten und Gesellschaften führen. Und auch die Technologie wird uns nicht mehr in regelmäßigen Wellen neue Muster für kreative Zerstörung bei gleichzeitigem Effizienzgewinn liefern. Nachdem die Technologie bisher in erster Linie unsere physische Welt verändert hat, zielt die Digitalisierung mit Künstlicher Intelligenz gerade auf die Veränderung unserer geistigen Welt.
Grundlage für die zukünftige Entwicklung von Gesellschaft und Wohlstand
Insofern empfehle ich das Buch als Anstoß, damit möglichst viele von uns all die Muster vor Augen geführt bekommen, die irgendwann und irgendwo auf diesem Planeten schon einmal in die Sackgasse geführt haben. Auf dieser Basis können wir dann mit Ideen, Offenheit und der Bereitschaft, von uns aus auf liebgewonnene Privilegien und Annehmlichkeiten zu verzichten, den Wohlstand für unsere Gesellschaft für eine nächste Generation weiter entwickeln.
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Daron Acemoglu, James A. Robinson
Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut
FISCHER Taschenbuch, 608 Seiten, 14,99 Euro
Kindle Ausgabe 12,99 Euro
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