Warum unser Effizienzwahn uns in den Untergang führen wird

12. September 2018

Ortwin Renns Buch „Das Risikoparadox: Warum wir uns vor dem Falschen fürchten“ mutet an wie das Lebenswerk eines wahrhaftigen Menschen im wissenschaftlichen Dienst. Klasse, dass er mit Teilen seines Werks eine Begründung und Hinführung findet, wie er uns sein eigentliches Forschungsgebiet – das Risiko – näherbringen kann.  

Vier Kapitel, vier Leitfragen 

Das Risikoparadox gliedert sich in vier Themenbereiche mit jeweiliger Fragestellung:  

  • Teil I: Was bedroht uns? 
  • Teil II: Warum fürchten wir uns vor dem Falschen? 
  • Teil III: Welche Risiken unterschätzen wir? 
  • Teil IV: Was können wir tun? 

In den ersten beiden Teilen geht es um Struktur und viele kleine Beispiele. Eigentlich interessant, weil es die Verbindung von Risiko mit vielen wissenschaftlichen Disziplinen wie Soziologie, Kommunikation oder Psychologie aufzeigt – in Summe dann jedoch ein wenig langatmig. Systematisch, aber eben nicht packend. 
In den weiteren großen Abschnitten geht es dann (zum Glück) zur Sache, wenn Renn von den unsichtbaren systematischen Risiken spricht: 

  • Ökosystem Erde: Einfluss von Mensch auf Natur (Ressourcen-Verteilung) 
  • Steuerungsdefizite in Wirtschaft und Gesellschaft, im Einzelnen: 
    • Die Almendefalle 
    • Die Effizienzfalle 
    • Die Hybrisfalle 
    • Die Autonomiefalle

[selectivetweet]Wir fürchten uns vor den falschen Gefahren #Risikoparadox[/selectivetweet]

Effizienz = Risiko 

Und vor allem die Effizienz, also der Grund-Antrieb unseres aktuellen Wirtschaftssystems, führt uns systematisch zu immer mehr systemischen Risiken. In Kurzform: Weil wir aus Gründen der Effizienz immer früher und immer mehr autonome Prozesse miteinander verbinden. Unser Effizienzwahn führt also dazu, dass immer mehr Dinge voneinander abhängig und damit anfällig für völlig unerwartete Systemkrisen werden, weil eben nicht alles nur in linearer Abhängigkeit zueinander steht. Damit zeigt Renn auch die tiefen Risiken einer unreflektierten Digitalisierung auf. 
Einziger Ausweg ist seiner Meinung nach eine Abkehr von der Effizienz als führendes Leitmotiv für unser Wirtschafts- und Gesellschaftssystem unter Berücksichtigung von Resilienz als wesentlichem Konstruktionsmerkmal für Lösungen. 

Handlungsoptionen für alle 

Anders als viele seiner Kollegen aus dem wissenschaftlichen Umfeld sieht sich Renn nicht nur in der Rolle des Aufzeigenden und Mahnenden, sondern legt mit seinem vierten Teil eine ganze Reihe an Handlungsoptionen für uns alle vor. 

  • Wie kann durch stärkere Fokussierung auf Kooperation unser wirtschaftliches Handeln so angepasst werden, dass wir die systemischen Risiken nicht weiter verstärken? 
  • Was machen wir am besten lokal, was zentral? 
  • Was sind Ziele für Lebensqualität? 

In Summe ein tolles Buch – vor allem wegen der positiven Handlungsoptionen, die den Leser die (Über-) Längen in der ersten Hälfte vergessen lassen. 
Weitere Lese-Empfehlungen zu den Themenbereichen Digitale Transformation und Entrepreneurship gibt es hier auf meinem Blog oder direkt bei Amazon.
 
Ortwin Renn
Das Risikoparadox: Warum wir uns vor dem Falschen fürchten
FISCHER Taschenbuch, 608 Seiten, 14,99 Euro
Kindle Ausgabe 13,99 Euro 

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